THEMA "OB-Wahl in Ostfildern" | Ostfildern 16. Januar 2021

Herr Langer, wir hätten da mal 10 Fragen ...

Der Herausforderer Robert Langer stellt sich unseren Fragen und erzählt von seiner Liebe zur Stadt, berät in Sachen Digitalisierung, vergibt Likes für Projekte, sieht aber gleichzeitig viel Verbesserungspotential.



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Robert Langer

Herr Langer, in diesem Jahr treten Sie gegen den Amtsinhaber Christof Bolay im Kampf um den Posten des Oberbürgermeisters an. Haben Sie sich in den letzten 16 Jahren wohlgefühlt in Ostfildern?

Robert Langer: "Natürlich. Ostfildern ist eine schöne Stadt. Das liegt vorrangig an den Menschen und hier ist man schnell im Grünen."

Sie gehen mit viel Herz in den Wahlkampf. Daher lautet Ihr Slogan „Wer Ostfildern liebt, macht es besser.“ Als Oberbürgermeister wird man allerdings oft nicht von allen geliebt und muss sich harter Kritik stellen. Haben Sie nicht die Befürchtung, dass sich diese Liebe irgendwann "abkühlt"?

Robert Langer: "Mein erster Kontakt mit den Ostfildern war mit jungen 16 Jahren. Mich haben die Eltern meiner Freunde und die Einwohner beeindruckt. So offen, so freundlich und der Zusammenhalt hat mich hier hergezogen. Aufgewachsen bin ich in Esslingen. Esslingen ist schön. Ostfildern ist nur schöner. Meine Frau und ich wollen hier alt werden. Dafür werde ich alles tun - somit gibt es keinen Grund zur Abkühlung."

Welchem Ostfildern-Projekt der letzten 16 Jahr würden Sie ein „Gefällt mir“ geben? Welches dagegen kritisieren Sie besonders scharf?

Robert Langer: "Es gib mehrere gute Projekte. Die Entwicklung ist in vielen Bereichen sehr gut. Dafür müsste ich zu viele "Gefällt mir" vergeben. Ein paar als Beispiel: Der Scharnhauser Park hat sich aus der Nellinger US-Kaserne "Nellingen Barracks" sehr gut entwickelt. Auch das L-Quadrat ist eine tolle Sache für unsere Jugend.

Dennoch, die Negativliste ist lang: Die anderen Stadtteile werden vernachlässigt und nur punktuell saniert. Die Zentren veröden und unsere Jugend scheint vergessen zu werden. Es fängt schon bei den Kitas und Schulen an. Aber auch für die heranwachsenden Jugendlichen ist das Angebot sehr gering. Die Stadt wird immer mehr vermüllt und unsere neu ausgewiesenen Baugebiete sind alles andere als nachhaltig. Investitionen in Nachhaltigkeit, Ökologie und Natur sind immer wieder mit hohen Auflagen belegt, die solche Projekte dann zu teuer machen. Und das, obwohl unsere Einwohner gerne in unsere Zukunft investieren wollen.

Bei all dem Negativen: Das Leben in Ostfildern ist schön. Mir ist es wichtig, dass wir unsere Werte wieder leben können und für ein Gleichgewicht zwischen den Belangen der Einwohner, Unternehmer und Umwelt sorgen."

Auf Ihrer Facebook-Seite haben Sie die Bürgerinnen und Bürger nach ihren Wünschen befragt. Welchen dieser Wünsche würden Sie in Ihrer ersten Amtszeit direkt erfüllen?

Robert Langer: "Es wird mit mir unmittelbar mehr Bürgernähe geben. Denn nur so können wir die einzelnen Stadtteile in seiner Infrastruktur, angefangen von Kitas und Schulen bis zu unseren Verkehrswegen, verbessern. Es wird dabei nie eine 100%-Lösung geben. Doch eine eindeutige Verbesserung bekommen wir mittelfristig hin. Zudem wird sich etwas verändern, dass unsere Einwohner kaum mitbekommen: Die Organisation und die Ausgaben der Verwaltung werden wir optimieren. Das heißt: Fachbereiche neu ausrichten, unnötige Ausgaben kappen, Investitionen in Immobilien und Infrastruktur stärken."

Mit welchem Verkehrsmittel sind Sie am liebsten unterwegs?

Robert Langer: "Alles je nach Bedarf. Beruflich: Automobil. In der Freizeit: Fahrrad und Wandern. Die restliche Zeit, nach Bedarf. Mobilität ist für mich: Zweck, verbunden mit Spaß. "

Sie bemängeln ja, dass in der Vergangenheit zwar viel gebaut, ein Ausbau der Infrastruktur jedoch vergessen wurde. Was fällt Ihnen zur Lösung dieses Problems ein?

Robert Langer: "Vor der Lösung kommt die Analyse. Keinem von uns Einwohnern in Ostfildern sind alle Probleme bekannt. Jeden Stadtteil müssen wir dabei separat bewerten. Wir brauchen einen städtischen Sanierungsplan. Kurzfristig, mittelfristig und langfristig. Wir müssen in etwa abschätzen können, was in den nächsten Jahren auf uns zukommt und Rücklagen aufbauen. Aktuell wird das kurzfristig mit einer Kreditaufnahme erfüllt. Das ist der falsche Weg."

Einzelhandel, Dienstleister, Gastronomen und Kulturschaffende hat die Corona-Krise besonders hart getroffen. Haben Sie Konzepte, wie diesen Branchen schnell geholfen werden kann?

Robert Langer: "Kurzfristig kann die Kommune wenig tun. Etwas was hilft, ist die Senkung der Gewerbesteuer. Wir müssen das weitere Abwandern der großen Umsatzträger verhindern. Neue Firmen müssen wir nach Ostfildern locken und bestehende zur Erweiterung animieren. Dem neuen Industriegebiet in Scharnhausen würde so etwas guttun. Wir brauchen wieder Unternehmen mit einer hohen Gewinnstruktur."

Das Leben ist teuer in Ostfildern: Das fängt bei den hohen Mieten an und endet bei den Kita-Gebühren. Sie setzen sich für bezahlbaren Wohnraum ein und möchten grundsätzlich die Bürgerinnen und Bürger finanziell entlasten. Wie könnte dieser Wunsch in Erfüllung gehen?

Robert Langer: "Wir brauchen eine Politik, die rechnen kann. Ca. 46 % (46.401.150 Euro) unseres Haushaltes geben wir für Transferaufwendungen aus. Hier gilt es, jede Ausgabe zu prüfen und neu zu bewerten. Zusätzlich müssen Investitionen in unsere Immobilien gesteigert werden. In kaum einer anderen Stadt macht eine Investition in diesen Bereich so viel Sinn wie hier. Ebenso sind Kredite bei Immobilien in Ordnung und bei Transferaufwendungen zu vermeiden. Langfristig ist das der einzige sozial verträgliche Weg, um aus dem Schuldenstand von Ostfildern herauszukommen."

Im Wahlkampf setzen Sie auf vielfältige Inhalte in digitalen Medien, auch beruflich scheint das eine Ihrer Kernkompetenzen zu sein. Welchen Rat würden Sie der Stadt Ostfildern beim Thema Digitalisierung geben?

Robert Langer: "Ja, das stimmt. Mir ist schon aufgefallen, unsere Stadtverwaltung setzt bei den digitalen Medien auf zu viele verschiedene Systeme. Dieses Jahr soll nun bei den Finanzen SAP zum Einsatz kommen. Zusätzlich hilft man sich mit Excel aus. Excel ist ein tolles Programm, wird jedoch oft bei Schnittstellenproblemen oder mangelhaften Berichtssystemen in Unternehmen genutzt.

Klartext: Nicht einfach auf Berater oder Systemanbieter hören, sondern erst feststellen, wo wir die meisten Kapazitäten in der täglichen Organisation vergeuden. Eine gute Digitalisierung macht den Alltag für den Anwender einfacher und effektiver."

Wo sehen Sie Ostfildern nach 8 Jahren mit Robert Langer als Oberbürgermeister?

Robert Langer: "Im Jahre 2029. *Scherz

Ich finde, es ist wichtig, dass wir uns weiterhin wohlfühlen. Mein Wunsch wäre, dass wir uns weiterhin um ein gutes Leben in Ostfildern kümmern. Ostfildern ist Gemeinschaft. Das gilt es zu erhalten."

Herr Langer, vielen Dank für das Interview. Für Ihren Wahlkampf wünsche ich Ihnen viel Erfolg.

Das Interview führte Marius Hörrmann